Meine typische Arbeitswoche ist voll mit Gesprächen, Workshops und kleinen Aufregungen. Ich fühle mich dann müde, erschöpft und meine Gedanken hören nicht auf, durch den Kopf zu wirbeln. Eine Situation, in der es mir dann schwerfällt, mich auf die schönen Dinge des Lebens zu besinnen. Ein Weg dahin für mich ist der Aufenthalt unter freiem Himmel geworden. Mit genügend Bewegung und frischer Luft kann ich meinen Tank auffüllen und mit Freude in den Familienalltag nach dem Job starten.
Ein Zustand der Reizüberflutung ist für mich mehr als nur unangenehm, denn er ist begleitet von einem tiefen Bedürfnis nach Ruhe, Alleinsein und Reflexion. Mit Familie und Kindern endet der Tag aber nicht mit dem Feierabend. Denn auch die liebsten Menschen im Leben wollen noch etwas von ihren Eltern haben. Als Vater verspüre ich neben all meiner Erschöpfung dabei auch das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Zuneigung. Grummelig und unausgeglichen am Abendbrottisch zu sitzen, fühlt sich einfach nicht gut an und mündet dann schnell in einer Spirale der Frustration.
Schon bevor ich mich mit Themen wie Waldbaden und Naturcoaching beschäftigt habe, war die Natur und das Draußensein ein Teil von mir. So nutze ich schon seit einigen Jahren den Aufenthalt unter freiem Himmel als Mittel der Entschleunigung. Ein Spaziergang am Mittag, ein Meeting mit dem Smartphone in Bewegung, ein schattiger Arbeitsplatz auf einer Bank im Sommer, die Fahrt mit dem Rad vom Büro. Das bewusste, dankbare Wahrnehmen dieser Möglichkeiten hilft durch manche stressige Zeit.
Manchmal reichen diese kleinen, in den Alltag integrierten Auszeiten aber nicht mehr aus. Dann heißt es für mich auch mal Shutdown und Reboot. Nach meiner Erfahrung gelingt mir dies am leichtesten in der Umgebung des Waldes. Dabei sind Wälder für mich all jene Gebiete unserer urbanen Welt, in denen sich der Blick auf Häuser und Straßen verlieren lässt. Wo die Geräusche von Autos und Maschinenlärm dem Rauschen von Blättern, dem Knarren von Baumstämmen und dem Zwitschern von Vögeln weichen. Wald ist der Teil der Welt, in dem noch alles zusammenhängt und logischen Zusammenhängen folgt. Wenn es aussieht, riecht, klingt, sich anfühlt und schmeckt wie Wald, dann wird es wohl Wald sein.
So eine Auszeit ist dabei ein Stück Selbstfürsorge. Wer sich noch an seinen letzten Erste-Hilfe-Kurs erinnert, dem fällt sicher das Prinzip der Selbstsicherung ein. Zuerst gilt es, sich selbst zu schützen, bevor man daran geht, andere zu retten. Beschäftigt man sich mit den Lehren Aristoteles’, wird man auch dort die Botschaft finden, dass das eigene Wohlergehen die Voraussetzung ist, anderen zu helfen. Diese Einstellung ist auch Kern meines Wald- & Naturcoachings. Daher lade ich dich jetzt ein, mir in den Text bei einem solchen Spaziergang im Wald zu folgen:
Der Weg in diese Auszeit führt mich entlang einer Bundesstraße. Laute Autos brausen auf vier Spuren aus Dresden heraus und wieder hinein. Hier kann ich mein eigenes Wort kaum verstehen, aber ich habe einen tollen Blick über das Elbtal. Links die Weinberge von Radebeul, die Altstadt mit der Frauenkirche im Zentrum und ganz rechts sind die Tafelberge des Elbsandsteingebirges zu sehen.
Der Lärm, der Wind, die unendliche Weite des Blicks passen zu meiner geladenen Stimmung. Dann biegt der Weg ab, weg von der Straße. Bäume versperren meinen Blick aufs Elbtal und verschlucken einen Teil des Verkehrslärms. Der Weg führt jetzt am Feldrand entlang. Hochsitze, trockene Gräser, Kräuter und Büsche säumen das Feld. Es ist kühl und die Sonne versteckt sich hinter den Wolken. Dann endet der Weg abrupt. Es ist eine Sackgasse, eine Zufahrt zum Feld, die nur vom örtlichen Landwirt und ein paar Gassigängern genutzt wird.
In diesem Moment bemerke ich, dass es still geworden ist. Nur ein paar Vögel zwitschern und irgendwo trommelt ein Specht auf die Rinde eines Baumes. Mit dem Lärm ist auch ein Teil meiner wirbelnden Gedanken verflogen. Neue nehmen ihren Platz ein. Es sind leichte Gedanken – Wahrnehmungen, Ideen, Dinge, die vor mir liegen. Ich verlasse nun den Weg, ich kehre um, gehe nicht wieder zurück zum Lärm, sondern gehe ab vom Weg. Ich achte auf meine Schritte, ich achte auf meine Umgebung.
Laub raschelt unter meinen Füßen, ich muss einer Brombeerhecke ausweichen und einen Baumstamm überklettern. Eine Stelle am Boden ist aufgescharrt. Der Humus unter den Blättern ist freigelegt und ein paar grüne Halme legen nahe, dass hier ein Tier gefressen hat. Auf der Suche, wie ich am besten weitergehe, schweift mein Blick umher und ich entdecke ein Rudel Rehe keine hundert Meter entfernt. Ich gehe in die Hocke und beobachte die Tiere, wie sie am Rand des Waldes nach Futter suchen.
Nach zwei Stunden bin ich wieder daheim. Die wirbelnden Gedanken sind nicht weg, aber sie haben sich zur Ruhe begeben. Einige sind ganz von allein gegangen. Einigen musste ich im Wald noch gute Nacht sagen, aber es ist wieder Luft da in meinem Kopf. Raum den ich für die Familie habe. Raum, den ich zum Träumen und Nach-vorne-Schauen nutzen kann.
Es sind nicht allein die frische Luft und die Bewegung, die mir bei dieser einfachen Übung, dem Waldbaden, helfen. Es ist auch der Wechsel der Umgebung. Das bewusste, achtsame Wahrnehmen der eigenen Gedanken und der Umwelt. Im Wald lasse ich mich einfangen von den sanften Reizen der Natur, lasse die Gedanken zur Ruhe kommen, lasse Schlechtes erst einmal zurück und schaffe Platz für Neues.
Die positive Wirkung des Waldes auf den Menschen ist vielfach untersucht und nachgewiesen worden. Die Studie “Psychological Effects of Forests on Humans: A Review” im International Journal of Environmental Research and Public Health beispielsweise fasst zusammen:
Die Forschung zeigt, dass Zeit in der Natur, insbesondere in Wäldern, das emotionale Wohlbefinden verbessern, Stress reduzieren und sogar die kognitive Funktion fördern kann.
Der Begriff des Waldbadens stammt vom japanischen “Shinrin Yoku” und bedeutet so viel wie “Baden in der Waldluft”. Nach japanischem Verständnis geht es darum, mit allen Sinnen in die Atmosphäre des Waldes einzutauchen und die gesunde Waldluft einzuatmen. Das amerikanische “Forest Bathing” fügt diesem noch weitere Aspekte, wie die Stärkung der Verbindung zwischen Mensch und Natur, hinzu. Beides funktioniert dabei am besten, wenn du dich achtsam auf die Waldumgebung einlässt und sie bewusst wahrnimmst.
All diese Aspekte sind neben meiner persönlichen Erfahrung der Grund, warum ich dich als Coaching-Klient nicht in einem typischen Coaching-Raum mit zwei Stühlen und einem großen Fenster begrüße. Ich lade dich ein, das Coaching im ganzen Körper zu spüren und unterstütze dich unterwegs. Du kannst den Alltag hinter dir lassen und bewusst neue Wege zu gehen.
Zeit und Ort sind dabei wesentliche Faktoren, die mit deinem Thema korrelieren müssen. Daher bekommst du die Zeit, die du brauchst, um dich zu orientieren und in die natürliche Umgebung einzutauchen. Wenn dir nach Bewegung ist, dann werden wir uns bewegen, wenn dich ein Ort anspricht, werden wir verweilen. Trotz all der Reize und Impulse, die uns die Natur sendet, sind diese doch viel sanfter und freier als der harte Takt des Alltags. Das schafft Raum im Kopf für neue Lösungen und Perspektiven.
Dabei ist Naturcoaching mehr als nur Waldbaden. Der professionelle Coaching-Prozess bietet dir dabei die notwendige Struktur für ein zielgerichtetes Arbeiten. Mit Methoden aus verschiedener Coaching-Schulen, angepasst auf den Einsatz in der freien Natur, begleite ich dich dabei auf deinem Weg durch den Wald.
Von Pfaden und Gedanken - Wie Naturerlebnisse Routinen durchbrechen und erneuern
3/5/2024 - 6 min read