Wer kennt das Gefühl, so richtig leer zu sein? Das Empfinden von bleierner Müdigkeit und Erschöpfung? Dies muss nicht gleich Burnout sein, aber es ist ein Zeichen, dass du deine Grenzen überschritten hast. Der Akku ist dann leer bis auf den letzten Tropfen, und der Wunsch nach Erholung wird immer größer. Aber was ist diese Erholung eigentlich?
Eins vorweg: Es gibt kein Erholungskonzept, das für jeden passt. So vielfältig wie die Ursachen für Erschöpfung, so auch die Strategien, sich ihrer zu erwehren. Als introvertierte oder sensible Person kannst du schnell von Lärm, Trubel und Geselligkeit erschöpft sein, während dich als eher extravertierte Person tiefe Debatten ermüden können. Genauso sind auch die Erholungsstrategien unterschiedlich und abhängig von deinem Temperament.
Was ist eigentlich Erholung?
Allgemein bezeichnet Erholung einen Prozess, in dem sich Körper und Geist von Stress, Erschöpfung oder Anstrengung regenerieren und wieder in einen Zustand des Gleichgewichts und Wohlbefindens gelangen. Dieser Vorgang ist essenziell für die Aufrechterhaltung der physischen, emotionalen und mentalen Gesundheit.
Während der Erholungsphase finden wichtige regenerative Prozesse statt, die dazu beitragen, die durch Belastungen verursachten „Verschleißerscheinungen“ zu reparieren. Physisch umfasst dies die Reparatur von Muskelgewebe, die Reduktion von Entzündungen und die Wiederherstellung von Energievorräten. Emotional und mental unterstützt Erholung die Reduktion von Stress, die Verbesserung der Stimmung und die Wiederherstellung kognitiver Funktionen wie Konzentration und Aufmerksamkeit.
Erholung kann aktiv oder passiv erfolgen. Passive Erholung beinhaltet Ruhe und Entspannung, ohne bewusste Anstrengung zur Regeneration, wie etwa Schlafen oder das ruhige Genießen eines Films. Aktive Erholung hingegen bezieht sich auf Tätigkeiten, die bewusst zur Förderung des Wohlbefindens unternommen werden. Dies kann leichte körperliche Betätigung sein, ein Hobby welches dir Freude bereitet, oder soziale Aktivität welche positive Emotionen hervorruft.
Der Erholungsprozess ist individuell sehr unterschiedlich und kann von der Art der vorangegangenen Belastung, persönlichen Vorlieben und dem sozialen sowie kulturellen Umfeld abhängen. Eine ausgewogene Mischung aus verschiedenen Erholungsstrategien, die sowohl körperliche als auch geistige Aspekte umfassen, gilt als besonders effektiv für eine umfassende Regeneration.
Die vier Säulen der Erholung
Grob lassen sich daraus vier Säulen der Erholung ableiten: Kognitiv, Emotional, Physisch und Sozial Kreativ.
Kognitive Erholung bezieht sich auf den Prozess, durch den das Gehirn von mentaler Ermüdung oder Überlastung regeneriert. Dieser Vorgang ermöglicht es, kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Konzentration und Problemlösungsfähigkeiten wiederherzustellen. Kognitive Erholung kann durch Aktivitäten erreicht werden, die den Geist auf andere Weise stimulieren als die ermüdenden Tätigkeiten, oder durch bewusste Entspannungsmethoden, die die mentale Belastung reduzieren.
Emotionale Erholung beschreibt den Prozess, durch den Individuen von emotionalen Belastungen, Stress oder negativen Gefühlen zurückkehren zu einem Zustand des emotionalen Gleichgewichts und positiven Wohlbefindens. Dieser Prozess kann durch Aktivitäten gefördert werden, die positive Emotionen hervorrufen oder die Verarbeitung und das Loslassen von negativen Emotionen unterstützen.
Physische Erholung umfasst die Regeneration des Körpers nach physischer Anstrengung, Verletzungen oder Ermüdung. Ziel ist es, Muskeln, Gelenke und das gesamte Körpersystem wieder in einen Zustand optimaler Funktionsfähigkeit zu bringen.
Soziale und kreative Erholung bezieht sich auf Aktivitäten und Prozesse, die das soziale Wohlbefinden und die kreative Entfaltung eines Individuums fördern. Soziale Erholung erfolgt durch den Aufbau und die Pflege von positiven Beziehungen, die ein Gefühl der Zugehörigkeit und Unterstützung bieten. Kreative Erholung hingegen beinhaltet das Engagieren in kreativen Prozessen, die den Selbstausdruck und die Innovation stimulieren.
Insgesamt kann die Integration dieser vier Säulen in das tägliche Leben zu einer tieferen und nachhaltigeren Erholung führen. Wie bereits beschrieben, ist das Gewicht der verschiedenen Erholungsaspekte individuell von jedem Einzelnen und dessen Situation abhängig. Den eigenen Weg zu finden, kann dabei eine spannende Reise sein.
Nachhaltigkeit von Erholung
In der Vielzahl von Möglichkeiten ist es schließlich wichtig, für sich selbst das zu finden, das gut passt. Der eine erholt sich eben auf der Partymeile, während der nächste den Brettspielabend oder die stille Wanderung durch den Wald bevorzugt. Es muss zu dir als Person und deinem Umfeld passen.
Erholungsaktivitäten müssen im Gleichgewicht zu deinen Möglichkeiten und Bedürfnissen stehen. Es nützt nichts, wenn du dir ein zeitintensives Hobby suchst, dieses dann aber im Alltag gar nicht integrieren kannst. Genauso wenig nützlich ist es, wenn du auf oberflächliche, kurzfristige Erholung setzt, was dann zu einem dauernden und unzureichenden Erholen und Auspowern führt.
So seltsam der Vergleich auch sein mag, unser innerer Akku verhält sich sehr ähnlich zu dem eines Handys. Er mag es nicht, regelmäßig auf nahezu Null entleert zu werden. Genauso wenig tut es uns gut, ständig den Ladestecker reinzustecken und rauszuziehen oder hektisch im Turbomodus aufzuladen.
Was sind deine Erholungsstrategien? Reflektiere gern einmal darüber, bei welchen Aktivitäten du Energie tankst und was dich Energie kostet. Bist du schon im perfekten Gleichgewicht, oder schlingert du nur durch den Alltag?
Beispiele für nachhaltige Erholung
Regelmäßige Schlafroutine gilt allgemein als gesundheitsfördernd. Unsere innere Uhr mag keine starken Schwankungen. Jeder, der Kinder großgezogen hat, wird sich noch an die Erschöpfung der ersten Jahre erinnern, welche durch den Schlafmangel hervorgerufen wurde. Zu festen Zeiten aufzustehen oder schlafenzugehen und sich darauf einzustimmen, hilft dem Körper, schnell einzuschlafen und in die Erholung zu finden. So ist eine gute kognitive, emotionale und physische Erholung gewährleistet.
Übergänge gleitend zu gestalten hilft unserem Körper, zwischen Phasen der Anspannung und Erholung zu wechseln. Ein bewusster Weg zwischen Büro und Wohnung beispielsweise kann helfen, den Arbeitsstress hinter sich zu lassen und sich auf die Freizeit einzustimmen. Das Gleiche gilt, wie oben beschrieben, auch beim Wechsel zwischen Schlaf und Wachsein.
Dem Temperament entsprechende Pausengestaltung kann unsere Erholung im Alltag ebenfalls stark beeinflussen. Für manche bringt der Spaziergang in der Mittagspause einen Energieschub, andere brauchen eher einen Powernap, und wieder andere haben erst nach einem Besuch der lauten Kantine wieder richtig Power.
Risiken falscher Erholung
Richtest du dein Erholungsprogramm zu sehr an anderen aus oder setzt du auf Erholung, die deine eigentlichen Bedürfnisse ignoriert, läufst du Gefahr, Energie zu investieren, statt zu regenerieren.
Orientierst du dich zu sehr an anderen, kann es sein, dass du deine eigenen Bedürfnisse ignorierst. Als Introvertierte Person vergisst du dann schlimmstenfalls, deinen sozialen Akku wieder aufzuladen. Als extravertierter Mensch langweilst du dich vielleicht allein in den eigenen vier Wänden.
Eine besondere Form der scheinbaren Erholung bietet sich dir dabei auch im Prokrastinieren. Dies führt dann dazu, dass du einerseits scheinbar erholsame Aktivitäten vorschiebst. Dafür verzichtest du auf gezielte und effektive Erholung und erzeugst im schlimmsten Fall noch Stress, weil du auch wichtige Dinge dafür aufgeschoben hast.
Wer schon mal einen wichtigen Termin verpasst hat, weil die dritte Staffel einer Streamingserie so spannend war, weiß vermutlich was ich meine.
Erholung und Coaching
Das Thema Erholung kommt für mich nicht selten auch als Thema im Coaching auf. Oft verbunden mit dem Thema Stress oder Problemen mit dem individuellen Zeitmanagement.
Dabei bietet der Ansatz des systemischen Coachings in Wald und Natur eine effektive Methode, um Erholung, Stress- und Zeitmanagement zu verbessern. Die Natur fördert durch ihre beruhigende Wirkung die kognitive und emotionale Erholung, erleichtert die Selbstreflexion und hilft bei der Identifikation von Stressoren. Gleichzeitig ermöglicht die Bewegung im Freien eine physische Regeneration, verbessert die Schlafqualität und steigert das Energieniveau, was essenziell für ein effektives Zeitmanagement ist.
Die natürliche Umgebung unterstützt zudem die Verbindung zwischen Coach und Klient, fördert Offenheit und Vertrauen und regt die Kreativität an. Diese Aspekte tragen dazu bei, neue Perspektiven zu entwickeln und innovative Lösungsansätze für Herausforderungen zu finden.
Insgesamt schafft systemisches Coaching in der Natur einen ganzheitlichen Rahmen für persönliches Wachstum, indem es kognitive, physische und kreative Prozesse integriert. Dieser Ansatz ist besonders wertvoll für die Bearbeitung von Stress- und Zeitmanagementproblemen, indem er eine tiefe Erholung und nachhaltige Strategien zur Verbesserung des Wohlbefindens bietet.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass Erholung eine ganz individuelle Reise ist, die sich an den persönlichen Bedürfnissen, Vorlieben und dem Lebensumfeld orientieren muss, um wirkungsvoll zu sein. Die Erkenntnis, dass es vier wesentliche Säulen der Erholung gibt – kognitiv, emotional, physisch und sozial-kreativ – bietet einen Rahmen, der dir dabei helfen kann, deine eigenen Erholungsstrategien zu erkennen und zu entwickeln. Diese Vielfalt ermöglicht es dir, ein maßgeschneidertes Erholungsprogramm zu erstellen, das nicht nur kurzfristige Entlastung bietet, sondern auch langfristig zur Steigerung deiner Lebensqualität beiträgt.
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3/5/2024 - 6 min read